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Recht / Zivilrecht 
Mittwoch, 24.05.2023

Ansprüche wegen Überwuchses von Bäumen und herabfallenden Blättern und Früchten über die Grundstücksgrenze

Das Landgericht Köln entschied, dass ein Anspruch sowohl auf Beseitigung von älteren Bäumen als auch eines größeren Überhanges über die Grundstücksgrenze ausscheiden muss, wenn die begründete Gefahr besteht, dass dies zum Absterben der Gehölze oder einem erhöhten Risiko dafür führt (Az. 6 S 27/20).

Der Kläger und der Beklagte sind Eigentümer aneinandergrenzender Grundstücke. Das Grundstück des Klägers war bis 2015 nicht bebaut. 2015 erfolgten die Wohnbebauung und der Einzug des Klägers. Diverse bereits über 30 Jahre alte Bäume u. a. Kastanien, Schwarz-Erlen und Ahornbäume, die sich auf dem Grundstück des Beklagten an der Grundstücksgrenze befinden, ragen in das hangabwärts tiefer gelegene Grundstück des Klägers. Da es sich dabei um sehr hohe Bäume handelt, welche neben Laub auch Früchte tragen, kommt es auch durch die herüberhängenden Äste und Zweige zu Laub- und Früchteabfall auf das Grundstück des Klägers. In den Jahren 2018 und 2019 forderte der Kläger den Beklagten zum Rückschnitt der Bäume auf. Nachdem der Beklagte diesen Aufforderungen nicht nachkam, führten die Nachbarn zunächst erfolglos das gesetzlich vorgeschriebene Schlichtungsverfahren vor der zuständigen Schlichtungsstelle durch. Im Anschluss erhob der Kläger Klage vor dem Amtsgericht Köln.

Das Landgericht Köln gab in zweiter Instanz dem Beklagten Recht und wies die Klage des Klägers ab. Dem Kläger stehe hier kein Anspruch auf Rückschnitt zu. Nach Beratung durch einen Sachverständigen scheitere der Anspruch des Klägers daran, dass die Benutzung des klägerischen Grundstücks im Ergebnis nicht als beeinträchtigt angesehen werden könne. Ob eine Beeinträchtigung vorliege, entscheide nicht das subjektive (also persönliche) Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend sei vielmehr die objektive Beeinträchtigung der Grundstücksbenutzung. Dies habe dabei der Nachbar nachzuweisen, von dessen Grundstück die Äste herüberragen, vorliegend der Beklagte. Diesen Nachweis habe der Beklagte erbracht. Denn an einer relevanten Beeinträchtigung fehle es insbesondere, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts des Überwuchses außer Verhältnis stehen und die Beseitigung des Überhangs deshalb unzumutbar sei. Das sei z. B. der Fall, wenn der Rückschnitt die begründete Gefahr in sich berge, dass sie zu einem Absterben der Bäume oder zu einer erhöhten Risikolage dafür führe. Denn dann liefe der verlangte Rückschnitt letztlich auf eine verbotene Beseitigung des Baumes hinaus. Vorliegend seien sämtliche in Rede stehenden Gehölze unstreitig mindestens sechs Jahre alt. Nach § 47 Abs. 1 NachbG NRW könne der Kläger als Nachbar eine Beseitigung daher nicht mehr verlangen. Aber auch ein Anspruch des Klägers auf den begehrten Rückschnitt sei ausgeschlossen, da er letztlich auf eine Beseitigung der Gehölze insgesamt hinauslaufen würde. Dies stehe auf Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen fest. Denn der Sachverständige habe festgestellt, dass eine Entfernung des Überhangs und damit der vom Kläger begehrte Rückschnitt zu so massiven Schädigungen der Bäume führen würde, dass kaum eines der betroffenen Gehölze überleben würde. In der Folge würde der vom Kläger begehrte Rückschnitt zu einer Beseitigung der Bäume führen. Darauf habe der Kläger aber gerade keinen Anspruch.

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