Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied, dass ein Berliner Jobcenter berechtigt war, ein Geldgeschenk als Einkommen bzw. Vermögen auf das Bürgergeld anzurechnen. Das Geldgeschenk in Höhe von 65.250 Euro hatten die drei Leistungsempfänger von ihrer Nachbarin erhalten, um nach Mekka reisen zu können (Az. L 18 AS 684/22).
Die Kläger – Vater, Mutter und ihr minderjähriger Sohn – leben in einer gemeinsamen Wohnung. Sie bezogen vom Jobcenter u. a. von Juni 2018 bis einschließlich Dezember 2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (jetzt: Bürgergeld). In diesem Zeitraum gewährte ihnen das Jobcenter Leistungen in Höhe von insgesamt rund 22.600 Euro. Die 1971 geborene Mutter kümmerte sich regelmäßig um die Nachbarin der Familie – die pflegebedürftige, 1926 geborene und inzwischen verstorbene Frau R. Anfang Mai 2018 überwies Frau R. einen Betrag in Höhe von 65.250 Euro auf das Konto der Mutter. Wie Frau R. später angab, handelte es sich hierbei um ein Geschenk, das dazu dienen sollte, den Klägern den lang gehegten Wunsch einer Reise nach Mekka zu ermöglichen. Die Kläger informierten das Jobcenter nicht über die Geldzuwendung; stattdessen wurde der Betrag noch im selben Monat vom Konto abgehoben. Anfang 2020 wurde das Jobcenter vom Landeskriminalamt im Rahmen eines laufenden Ermittlungsverfahrens gegen die Eltern über den Geldeingang informiert. Das Jobcenter nahm daraufhin sämtliche Bewilligungsbescheide für den Zeitraum von Juni 2018 bis Dezember 2019 zurück und forderte die Kläger auf, die ihnen gewährten SGB II-Leistungen in Höhe von insgesamt rund 22.600 Euro zu erstatten. Das Jobcenter argumentierte, dass die Kläger im genannten Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen seien. Die hiergegen gerichtete Klage der Familie vor dem Sozialgericht Berlin blieb ohne Erfolg.
Das Landessozialgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Die Rücknahme- und Erstattungsbescheide des Jobcenters seien rechtmäßig. Die Kläger seien im streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen. Aufgrund der ihnen im Mai 2018 zugeflossenen einmaligen Einnahme in Höhe von 65.250 Euro, die rechtlich als Einkommen (in Bezug auf den Zeitraum von Juni bis November 2018) bzw. als Vermögen (in Bezug auf den Zeitraum von Dezember 2018 bis Dezember 2019) einzustufen sei, hätten ihnen ausreichende Mittel zur Deckung ihres Bedarfs zur Verfügung gestanden. Die Kläger könnten sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es für sie grob unbillig wäre, wenn die von Frau R. gewährte freiwillige Zuwendung als Einkommen berücksichtigt werde. Bezieher von Bürgergeld seien grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen der Selbsthilfe jegliche Einnahmen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zu verwenden. Anders verhalte es sich zwar in Fällen, in denen – wie hier – eine Geldzuwendung mit einem objektivierbaren Zweck verknüpft sei, dessen Verwirklichung durch die Berücksichtigung bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vereitelt würde. Indes seien auch solche Geldzuwendungen nicht in unbegrenzter Höhe privilegiert. Obergrenze für die Nichtberücksichtigung derartiger Zuwendungen seien nach den Gesetzgebungsmaterialien die geltenden Vermögensfreibeträge, die im damaligen Zeitraum für die Kläger insgesamt 16.500 Euro betragen hätten. Der Restbetrag in Höhe von 48.750 Euro reiche zur Bedarfsdeckung aus. Schließlich sei nicht von einem zwischenzeitlichen Verbrauch der Mittel auszugehen.
Die von den Klägern vorgetragene Behauptung, insgesamt rund 55.600 Euro für die Reise nach Mekka ausgegeben zu haben, sei nicht belegt. Es widerspreche der Lebenserfahrung, eine Flugreise mit Kosten von mehr als 5.000 Euro in bar zu bezahlen. Auch fehlten jegliche Angaben zum Zeitpunkt der Reise, die neben Flugtickets und Belegen über Hotelübernachtungen zum Beispiel auch durch Ein- und Ausreisestempel im Reisepass belegbar wären.
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Letzte Änderung: 17.09.2024
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