Das Familiengericht darf die Unterbringung des Kindes im Heim nicht allein deshalb anordnen, wenn eine betreuende Mutter ihr Kind dahin beeinflusst, dass es den nicht betreuenden Vater nicht mehr sehen möchte und es deswegen zu einem Kontaktabbruch kommt. So entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 7 UF 46/23).
Die von dem Kind empfundene Ablehnung des nicht betreuenden Elternteils könne – wenn überhaupt – durch eine Heimunterbringung nicht ohne gravierende Verletzung des Grundrechts des Kindes auf freie Persönlichkeitsentwicklung überwunden werden. Die negativen Folgen dieser Grundrechtsverletzung würden im Streitfall das berechtigte Umgangsinteresse des Vaters überwiegen. Eine Maßnahme, mit der ein Kind über eine Heimunterbringung dazu gebracht werden soll, gegen seinen Willen in den Haushalt desjenigen Elternteiles zu wechseln, zu dem es aktuell jeden Kontakt ablehnt, ist daher nicht rechtmäßig.
In dem Verfahren ging es um ein Mädchen, das ausschließlich im Haushalt seiner Mutter aufgewachsen war. Nach langjährigen regelmäßigen und ausgedehnten Umgangskontakten zum getrenntlebenden Vater hatte das Kind im Alter von sieben Jahren plötzlich jeglichen Umgang verweigert. Die Mutter war davon ausgegangen, dass es zwischen Vater und Tochter zu „sexuell getönten Vorfällen“ gekommen war. Sie hatte das Mädchen seither in seiner Umgangsverweigerung bestärkt. Ein Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass kein für eine strafrechtliche Verurteilung hinreichender Tatverdacht eines Kindesmissbrauchs vorlag. Es sprach daher einiges dafür, dass die Ablehnung des Mädchens maßgeblich auf eine Beeinflussung durch die Mutter zurückging.
Der Vater des Mädchens hatte nach jahrelangem Streit beantragt, ihm die elterliche Sorge zu übertragen. Da es wegen der absoluten Verweigerung des Mädchens nicht möglich schien, das Kind in seinen Haushalt zu geben, hatte das Amtsgericht das zu diesem Zeitpunkt 9-jährige Kind in einem Eilverfahren aus dem Haushalt der Mutter genommen und in ein Kinderheim gegeben. Dabei kam das Amtsgericht den Empfehlungen eines Sachverständigen nach, denen auch Jugendamt und der Verfahrensbeistand des Kindes gefolgt waren. Während der Heimunterbringung sollte sich – fern der Beeinflussung durch die Mutter, mit der keinerlei Umgang stattfinden durfte – das Kind dahin stabilisieren, dass es die unerklärliche Kontaktverweigerung zum Vater aufgeben würde. So sollte perspektivisch die gewünschte Übersiedlung des Kindes in den Haushalt des Vaters ermöglicht werden.
Diese Vorgehensweise sei nicht rechtmäßig, entschied das Oberlandesgericht und hat umgehend nach Eingang der Beschwerde der Mutter gegen den Sorgerechtsbeschluss des Amtsgerichts die Rückführung des Kindes in den Haushalt der Mutter veranlasst. Die Wünsche und Vorstellungen des Kindes völlig zu ignorieren, stelle eine nicht zu vertretende Grundrechtsverletzung dar. Eine besondere Rolle spielte für die Entscheidung, dass es keine Anhaltspunkte für eine unzulängliche Versorgung des Kindes im Haushalt der Mutter gab.
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Letzte Änderung: 17.09.2024
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